Guarana Swing - Coffein
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Guaraná Sapindaceae
von Thomas W. Baumann, Prof. Dr.

Die Gattung Paullinia besteht aus ca 180 Arten, die mit Ausnahme der weitverbreiteten P. pinnata auf die Neotropen eingegrenzt sind. Etwa 40 Arten dienen den Einheimischen seit Jahrhunderten als Fischgifte, als Medizin und zur Zubereitung von stimulierenden Getränken (Beck 1990). Für den letzteren Zweck werden die stark coffeinhaltigen P. cupana H.B.K. var. sorbilis (Mart.) Ducke und P. yoco Schultes & Killip, eingesetzt. P. yoco, aus deren Rinde das Getränk zubereitet wird (Schultes 1941), hat nur lokale Bedeutung und verdient wegen der ungewöhnlichen Anreicherung der Purin-Alkaloide im alten Stamm sowie der Appetit zügelnden Eigenschaften besondere Aufmerksamkeit.

P. cupana var. sorbilis, auch Guaraná genannt, ist sehr wahrscheinlich die kultivierte Varietät des Wildtypus var. cupana Ducke, welche erstmals von Alexander Humboldt vor rund 190 Jahren am oberen Orinoco in Venezuela aufgefunden worden war. Spätere Funde beschränkten sich auf das Gebiet des oberen Amazonas (Radlkofer 1895). Wenn wir die Abbildung betrachten, so scheint es, als würdenuns Augen entgegenblicken. Dieses Phänomen hat begreiflicherweise die Fantasie der indigenen Bevölkerung im Verbreitungsgebiet der Pflanze angeregt und zur Bildung zahlreicher Legenden geführt, wovon die eine so lautet (Sprecher von Bernegg 1934c).

Einst wuchs in einem Indianervolk ein wundersamer Jüngling auf. Überall wo er gerade war, breitete sich Freude und Zufriedenheit aus, ein wahrer Segen für den ganzen Stamm: Die Kranken wurden geheilt, Streitigkeiten geschlichtet und die Überfälle der Feinde vereitelt. Da wurde der böse Geist namens Jurupari von Eifersucht gepackt, und in Gestalt einer Schlange vergiftete er den Jüngling tödlich, als dieser im Wald Früchte pflückte. Der Jammer des Volkes war gross, aber ein Blitz vom Himmel unterbrach die Klage. Tupa, die Gottheit, stieg vom Himmel herab, tröstete die Mutter und gab ihr die Weisung, die schönen Augen ihres Sohnes zu begraben, denn es werde aus ihnen eine heilige Pflanze spriessen, die den Indianern Nahrung geben und ihre Leiden sowie Schmerzen lindern werde. Also wurden die Augen in die Erde gepflanzt und siehe da!, aus den kostbaren Samen keimte die Guaraná-Pflanze.

So die Legende, welche die Vorzüge dieser faszinierenden Urwaldliane jedoch etwas übertreibt. Denn im Vergleich zu vielen anderen Samen, die einen wichtigen Beitrag an die menschliche Nahrung liefern, sind jene von Guaraná eher nährstoffarm: je 10 % an Eiweiss und Kohlenhydraten, wenig Fett (ca 3 %). Zudem sind die Samen, was ihrer Verdaulichkeit abträglich ist, sehr gerbstoffreich mit etwa 10 % an Catechinen (Marx 1990). Obschon bei uns offizinell und in der Homöopathie zur Behandlung von Kopfschmerzen eingesetzt (Seitz 1994), ist der medizinische Nutzen von Guaraná recht umstritten. Dies rührt davon her, dass diese Pflanze im Volkstum ihrer Heimat bei verschiedenartigsten Gebresten und selbstverständlich ohne Segnungen der Wissenschaft eingesetzt wird.

Der Katalog der Indikationen reicht von Arteriosklerose über Herz-, Lungen- und Altersbeschwerden bis zur Flatulenz und Impotenz (Beck 1990). Eines jedoch steht fest: Die Guaraná-Samen sind stark coffeinhaltig und deshalb äusserst stimulierend. Auf dieser Wirkung gründet der Hauptgebrauch dieser Pflanze in ihrem Ursprungsgebiet, wo sie zur Steigerung der 'Fitness' im tropischen Alltag dient. Die klassische Verarbeitung von Guaraná, wie sie seit alters her von den Saterê-Maué-Indianern im zentralen Amazonasbecken gepflegt wird, beginnt - sobald sich das erste 'Auge' öffnet - mit der Ernte des ganzen Fruchtstandes (Henman 1982), (Erickson et al. 1984). Die Samen, 1 bis 3 pro Frucht und bis zu 80 pro 'Traube', werden von Hand herausgeschält und über Nacht im Korb am Rande des Flussbettes eingeweicht. Am nächsten Tag kann der Arillus mit den Fingern leicht weggerieben werden. Hernach werden die Samen, die nun ganz wie kleine Kastanien aussehen, in einer weiten Tonschale langsam unter stetem Wenden erhitzt und von Zeit zu Zeit mit wenig Wasser besprengt. Bei diesem Vorgang, der einer sehr schwachen Röstung gleichkommt, platzt die Samenschale. Nach dem vollständigen Entfernen der dunklen Samenschale werden die Samen im Mörser aus Holz unter Beigabe von Wasser zerkleinert. Die resultierende Masse, die noch grosse Bruchstücke enthält und etwa die Konsistenz eines schweren Brotteiges hat, wird zu kurzen Stangen, den Bastãos, geformt, welche schliesslich über einem Feuer aus aromatischem Holz, geräuchert werden. Als Holzquelle dient häufig die halbdomestizierte Malpighiacee Byrsonima crassifolia (L.) H.B.K., welche als Busch oder mittelgrosser Baum wächst und in Trauben kleine, gelbe, süss-saure Steinfrüchte trägt, welche in Lateinamerika 'Murici' (port.) oder 'Nance' (span.) genannt werden. Ein guter Bastão wiegt ein halbes Kilogramm und ist in Form, Farbe und Konsistenz am besten einem geschälten, harten Salami vergleichbar. Mitunter werden aus der Guaraná-Masse auch kleine Kunstwerke geformt. Diese so hergestellte Vorratsform von Guaraná wird für die Zubereitung des Getränks verwendet, wobei der Bastão mit dem knöchernen Zungenbein eines Fisches (Pirarucú; Arapaima gigas Cuvier) geraspelt und das entstandene feine Pulver in Wasser aufgeschlämmt und getrunken wird. Dieses stark stimulierende Getränk wird von der Bevölkerung am Amazonas sehr geschätzt.

Hochwertige Guarana ist Mangelware und deshalb sind Guarana-Produkte sehr häufig von schlechter Qualität, die aber bereits in der Ausgangsbasis, dem Guarana-Pulver (gemahlene Samen) sensorisch wahrgenommen werden kann: gerbig-bitterer Geschmack und Mäusegeruch.

Vielleicht sind diese Eigenschaften auch der Grund dafür, dass die traditionelle Aufschlämmung von Guaraná-Pulver in Wasser keine grosse Verbreitung erfahren hat, und dass seit langem in Brasilien unter der Bezeichnung 'Guaraná' als Nationalgetränk ein kohlensäurehaltiges Surrogat getrunken wird, welches aber meines Erachtens geschmacklich keinen Fortschritt darstellt und vor über 60 Jahren offenbar auch nicht besser schmeckte, denn Sprecher von Bernegg schreibt 1934 (Sprecher von Bernegg 1934c): "In den Restaurants der grösseren Ortschaften Brasiliens wird heute eine Limonade verkauft, die uns jedoch nicht in bester Erinnerung geblieben ist. Ob die Schuld an der durch den hohen Preis der Guaranápaste bedingten Absenz oder durch mehr oder weniger starke Reduktion des Genussmittels und seinen Ersatz durch billigere Stimulans lag, lassen wir unerörtert."

Mit Sicherheit war Sprechers Limonade wesentlich naturgetreuer als diejenigen Fabrikate, welche heute in Brasilien und neuerdings auch bei uns in Europa verkauft werden, denn seither ist das brasilianische Lebensmittelgesetz für Fruchtsäfte (Lei dos sucos) wiederholt nach unten angepasst worden, um das Angebot, nämlich den seit Jahren schleppenden Anbau von Guaraná (unter 1000 Tonnen pro Jahr), mit der massiv steigenden Nachfrage für die zuckerige Limonade in Einklang zu bringen. Der gesetzlich vorgeschriebene Minimalgehalt liegt zurzeit bei 0.02 % (Castro 1992), was bedeutet, dass 1 Deziliter dieses Getränk lediglich mit 20 mg Guaraná, entweder in fester oder Extrakt-Form, versetzt sein müsste. Zehn Liter einer solchen Limonade enthalten so viel Coffein wie eine Tasse Kaffee! Wenn in Brasilien der gesetzliche Mindestgehalt durchgesetzt würde, so müssten aufgrund des bekannten Marktvolumens an Getränken, die den Namen Guaraná tragen und dort produziert werden, jährlich etwa 3000 Tonnen Samen geerntet werden können. Die gesetzlich unterstützte Verwässerung führt, wie wir dies bereits bei den Cola-Getränken feststellen konnten, letztlich zur Bedeutungslosigkeit des Pflanzenanteils und der Pflanze selber. Damit werden zwei wesentliche Dinge behindert oder vereitelt: Erstens, die Produktion eines qualitativ hochstehenden Getränks und zweitens, den Anbau von Guaraná, der in manchen Regionen (zB Costa Rica) eine Alternative zu den Kaffeekulturen sein könnte. Hochkarätiges
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Guarana Swing - echt und rein
Guarana Swing Blütenstände
Guaraná Blüten
Guaranaswing Blüte
Die Pflanze rankt sich in die Wipfel des Regenwaldes
Guarana Swing Frucht
Reife Guaraná-Früchte
Guarana Swing Amazonas
Leben am Fluss
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Sonnenuntergang auf dem Fluss
Guaranaswing - direkt aus dem Regenwald
Wasservögel auf dem Rio Amazonas
Regenwald am Amazonas. Das Anbaugebiet von Guarana Sorbilis
Gewitter zieht auf am Rio Maués
Guarana Swing Anbau hat Tradition im Amazonas.
Gegenverkehr auf der Wasserstrasse
Direkt aus dem Amazonas. Guarana Swing aus Maues
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Guarana Swing Pulver in Schale
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Guarana im Regenwald

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